Störung der Geschäftsgrundlage wegen Covid-19 im Gewerbemietrecht – Ein neues Gesetz soll Klarheit schaffen.

Das Land befindet sich erneut – zunächst befristet bis einschließlich zum 14. Februar 2021 – im Corona  Lockdown. Bereits der erste Lockdown im März 2020 führte zu erheblichen Spannungen zwischen Vermieter und Mietern auf dem Gebiet der Geschäftsraummiete. Die Vermieter waren auf ihre Mieteinnahmen angewiesen, die Gewerbemieter konnten die Miete wegen teils dramatischer Umsatzeinbrüche infolge der Schließungsverfügungen nicht mehr zahlen. Die Juristen waren und sind sich nach wie vor uneins, welche rechtlichen Folgen die coronabedingten Schließungen auf das Gewerbemietverhältnis haben.

Verabschiedung des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht

Als Reaktion auf die bestehende Rechtsunsicherheit hat der Bundestag am 17.12.2020 das „Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht“ verabschiedet. Es handelt sich dabei um eine Änderung des bisherigen Gesetzes vom 27.03.2020 zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht.

In § 7 zu Art. 240 EGBGB finden sich nun folgende Regelungen:

“ Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19- Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, der zur Grundlage des Mietvertrages geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.“

Die Gesetzesänderung ist am 31.12.2020 in Kraft getreten und bedeutet für die Geschäftsraummiete folgende Änderungen:

gesetzliche Vermutung für eine schwerwiegenden Veränderung der Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 Abs.1 BGB

Das Gesetz enthält eine Vermutung, dass Schließungsverfügungen in der Corona-Pandemie zu einer schwerwiegenden Veränderung der vertraglichen Grundlage zwischen den Mietvertragsparteien führen und damit der Anwendungsbereich für eine Vertragsanpassung eröffnet ist.

Bislang hatten mehrere Gerichte ausgeurteilt, dass die aufgrund der Corona Schutzverordnungen angeordneten Schließungen gewerblicher Ladenlokale weder einen Mangel darstellen, noch zu einer Störung bzw. einem Wegfall der Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB führen.

Verpflichtung zur Mietzahlung entfällt nicht automatisch

Das neue Gesetz bedeutet allerdings nicht, dass der Mieter während einer coronabedingten Schließung seines Ladenlokals automatisch von der Entrichtung der Miete entweder ganz oder teilweise entbunden ist. Der Mieter muss zunächst einmal darlegen und beweisen, dass eine Situation, welche eine Vertragsanpassung und damit gegebenenfalls die Herabsetzung der Miete rechtfertigt, tatsächlich auch gegeben ist. Nach der Gesetzesbegründung reicht es nicht aus, wenn die Kunden des betroffenen Gewerbemieters nur deshalb ausbleiben, weil infolge der Corona-Pandemie die Konsumsbereitschaft der angesprochenen Kundenkreise gesunken ist. Bei einer Schließungsverfügung wird in der Regel der Nachweis einer wesentlichen (negativen) Beeinträchtigung der Geschäftsgrundlage aber gelingen.

Vertragsanpassung immer abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls

Für die weiteren Voraussetzungen des § 313 BGB gilt keine gesetzliche Vermutung. Der Mieter muss folglich darlegen und beweisen, dass ihm ein Festhalten am bisherigen Vertrag nicht zugemutet werden kann. Hier kommt es immer auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an. Bei der vorzunehmenden Abwägung ist beispielsweise zu berücksichtigen, wenn der Gewerberaummieter Kurzarbeit angemeldet und/oder staatliche Zuschüsse erhalten und dadurch seine wirtschaftliche Situation verbessert hat.

Gewährleistungs- und Gestaltungsrechte bleiben ggü. § 313 Abs.1 BGB vorrangig

In der Gesetzesbegründung wird klargestellt, dass allgemeine und mietrechtliche Gewährleistung-und Gestaltungsrechte gegenüber der Regelung des § 313 BGB und damit der neu im Gesetz verankerten, oben beschriebenen Vermutung vorrangig sind. Mit anderen Worten ist zunächst zu prüfen, ob die Schließungsverfügung einen mietrechtlichen Mangel darstellt oder gar eine Unmöglichkeit begründet.

Gerichtsverhandlung bereits einen Monat nach Klagezustellung

Darüber hinaus enthält das eingangs genannte Gesetz ein sog. Vorrang- und Beschleunigungsgebot, welches in § 44 EGZPO umgesetzt worden ist. Danach sollen die Gerichte in Streitigkeiten über Anpassungen des Mietvertrages spätestens einen Monat nach der Zustellung der Klage einen frühen ersten Termin anberaumen. Ob dies in der Praxis von den Gerichten tatsächlich auch umgesetzt wird / werden kann, bleibt abzuwarten.

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