Fußgänger stürzt auf Gehweg über eine 3 cm hohe Kante – Schadensersatz bejaht (OLG Stuttgart Urteil vom 26.11.2020 – 2 U 437/19)
Der Sachverhalt:
Ein Bauunternehmen hatte im Auftrag der Stadt Metzingen im Bereich eines Gehweges die Trag- und Decksichicht erneuert. Infolge der Arbeiten kam es im Bereich des erneuerten Gehwegweges zu einem Niveauunterschied von 3 cm.
Die Klägerin stürzte im Bereich des erneuerten Gehweges über die Unebenheit und verletzte sich. Sie begehrte von dem verantwortlichen Bauunternehmen den Ersatz ihres Haushaltsführungsschadens, sowie die Zahlung eines Schmerzensgeldes Höhe von 8.000,00 EUR.
Die Entscheidung:
Das OLG Stuttgart hat die angefochtene Entscheidung des Landgerichts bestätigt und der Klägerin die von ihr beanspruchten Schadensersatzanspüche zugesprochen. Der zuständige Zivilsenat des OLG war der Ansicht, dass bei einer zwischen 2 und 3 cm hohen Absatzkante, die in Laufrichtung inmitten eines Gehwegs verläuft, eine Verkehrssicherungspflicht entsteht. Diese Kante löse eine Sturzgefahr aus. Die Gefahrenstelle war wegen der Lichtverhältnisse für die Klägerin nicht ohne weiteres erkennbar. Sicherungsmaßnahmen waren nach Ansicht des Gerichts für die Beklagte, für die die Gefahrenlage erkennbar war, zumutbar. Diese hätte den Risiken eines Sturzes ohne große Mühen und mit einem überschaubaren Kostenaufwand durch eine geeignete Warnung ( durch Baken oder sonstige Absperrvorrichtungen) begegnen können und auch müssen.
Bedeutung für die Praxis:
Das Urteil ist insoweit erwähnenswert, da in der Regel die Gerichte bei einem Niveauunterschied von weniger als 4cm eine Verkehrssicherungspflichtverletzung verneinen.
Die Frage, wann bei einem Fußgängersturz eine schuldhafte Verkehrssicherungspflichtverletzung anzunehmen ist, bleibt eine Einzelfallentscheidung.
Einige Gerichte tendieren dazu, die Haftung des Bauunternehmens und / oder des Verkehrssicherers aufgrund der möglichen Amtshaftung des Trägers der Straßenbaulast zu verneinen. Der Geschädigte muss demzufolge vor Klageerhebung sorgfältig prüfen, gegen wen die Klage erhoben wird. Dessen ungeachtet ist es sehr wichtig, Beweis zu sichern, d.h. die Sturzstelle zeitnah zu fotografieren.
Sollten Sie im Bereich einer öffentlichen Verkehrsfläche aufgrund einer Stolperkante / Unebenheit gestürzt sein, bin ich gerne bereit, Sie bei der Geltendmachung Ihrer Schadensersatzansprüche zu unterstützen.